„Warum LinkedIn bald mehr Fantasy-Charaktere hat als Mittelerde.“

Wie die überspannten überakademisierten HR-Abteilungen, Business-Coaches und Agenturen mit einem Hang zur Bedeutungsaufblähung das Bullshit-Bingo der Berufsbezeichnungen suboptimierten

Auf LinkedIn und den Jobbörsen im Netz wimmelt es nur so von neuen Berufsbezeichnungen, bei denen selbst der Duden kapituliert. Was früher einmal „Hausmeister“ hieß, ist heute ein „Facility Manager“. Und die Liste der „Purpose-driven“ Buzzwords wird länger und länger.

Die Ursache? Eine toxische Melange aus überambitionierten HR-Abteilungen, Coaches auf Sinnsuche und Agenturen mit Hang zur semantischen Selbstbefriedigung. Heraus kommt ein Bullshit-Bingo, das weniger über die Kompetenz einer Person aussagt als über ihren Wunsch, auf Teufel komm raus „relevant“ zu wirken.

Das Bullshit-Bingo der Berufsbezeichnungen:

  1. Feelgood Manager
    → Gießt die Pflanzen, bestellt Kaffee und organisiert Geburtstagskuchen.
  2. Head of People & Culture
    → Früher: Personalleitung. Heute: Kulturzirkelleiter mit Buzzword-Upgrade.
  3. Digital Evangelist
    → Erzählt, wie geil Digitalisierung ist. Auch wenn’s keiner mehr hören will.
  4. Scrum Master
    → Projektleiter mit Timer. Kennt „Agil“ auswendig.
  5. Learning & Development Specialist
    → Organisiert Fortbildungen und nennt sie „Growth Journeys“.
  6. Customer Success Manager
    → Früher: Kundenbetreuung. Heute: PowerPoint-Nanny.
  7. Chief Happiness Officer
    → Macht gute Laune im Office. Meist mit Kuchen und Massagesesseln.
  8. Retail Experience Architect
    → Plant Regale und Kassenbereiche mit ganz viel „Experience“.
  9. Innovation Enabler
    → Sagt „Think outside the box“. Arbeitet aber in Excel.
  10. Content Alchemist
    → Schreibt Texte mit Wörtern wie „Empowerment“, „Sustainability“ und „Purpose“.
  11. Visual Storyteller
    → PowerPoint-Profi mit Canva-Zertifikat.
  12. Purpose Empowerment Coach
    → Hat keine Kunden, aber viel Gefühl.

Selbst die Abteilungen in den Firmen sind nicht mehr sicher

Nicht nur die Jobtitel blähen sich auf wie ein Heißluftballon voller Buzzwords – auch die Abteilungen selbst kommen längst nicht mehr ohne geschwollene Fremdwörter aus:

  • Human Capital Management→ Früher: Personalabteilung. Heute klingt’s nach Hedgefonds mit Menschen drin.
  • Corporate Communications→ Früher: Presseabteilung. Heute: Sprachrohr mit Textbausteinen.
  • Center of Excellence→ Klingt nach Eliteeinheit. Meint meistens ein internes Projektteam.
  • People & Organization→ Klingt nach Soziologiekongress, ist aber nur HR mit neuem Anstrich.
  • Business Transformation Unit→ Früher: Change Management. Heute: Umbenennung in fünf PowerPoint-Slides.
  • Employer Branding & Talent Acquisition→ Früher: Recruiting. Heute: Der Versuch, Fachkräfte mit Latte Art zu ködern.
  • Strategic Innovation Hub→ Zwei Whiteboards und ein Dartpfeil, mit dem man „Zukunft“ trifft.

Diese Umbenennungen erzeugen zwar intern Eindruck – aber sie lösen keine echten Probleme. Wer glaubt, dass eine „Excellence Unit“ automatisch bessere Arbeit leistet als ein gutes altes Projektteam, hat den Kern der Sache nicht verstanden.

Fazit:

Während die Realwirtschaft unter Personalmangel, Innovationsstau und echtem Fachkräftemangel leidet, baut sich auf LinkedIn und den Jobsucherbörsen und Firmenabteilungen eine Parallelgesellschaft aus Buzzword-Akrobatik, Selbstinszenierung und semantischer Kosmetik auf.

Es wird Zeit, wieder Klartext zu reden. Ein Beruf ist kein Instagram-Filter. Und wer wirklich was kann, braucht keinen „Awareness Architect“ als Titel.

Die Wahrheit ist oft viel schöner als die Blase.

Vorausgesetzt, man traut sich, sie auszusprechen.


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Tom Weber

Tom Weber – Beruf: Störenfried. Diagnose: chronisch allergisch gegen Heuchelei, Doppelmoral und staatlich geprüften Schwachsinn. Schreibt auf dem Strafplaneten über alles, was im offiziellen Irrenhaus als „normal“ gilt – und daher dringend untersucht werden muss

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