…während draußen das Messer wetzt
Ein neuer Kommunikationstrend macht die Runde: Sätze wie „Ich bin ehrlich“ oder „Das ist nicht mein Job“ gelten jetzt als vertrauensschädlich – stattdessen sollen wir alle einfühlsamer, sanfter und teamkompatibler sprechen. Klingt vernünftig. Wäre da nicht das Problem: Während im Inneren weichgespült wird, wird draußen längst die Realität härter.
Dieser Kommentar ist ein Weckruf gegen sprachliche Selbstverzwergung in Zeiten, die Klarheit fordern. Sie werden immer raffinierter. Nicht die Angreifer auf der Straße – sondern die Sprachkosmetiker in den Büros.
Während mitten in Europa wieder Menschen in Schwimmbädern niederstochen, Notaufnahmen unter Polizeischutz stehen und ganze Städte sich nachts nicht mehr sicher fühlen, bringt man in LinkedIn-Kreisen gerade bei, wie man „Ich bin ehrlich“ bitte so umformuliert, dass sich auch niemand auf den Schlips getreten fühlt.
Ein aktueller Artikel auf Linkedin erklärt das Rezept:
„Sag nie: „Das ist nicht mein Job.“ Sag lieber: „Ich bin da nicht die richtige Ansprechperson, aber ich verbinde dich gern…“
Man nennt das Vertrauenskultur. In Wahrheit ist es ein kommunikativer Wattebausch, der das führungsschwache Innenleben einer Generation entlarvt, die sich vor allem eines fürchtet: Klarheit.
Hier für den Zusammenhang ein paar Beispiele aus dem Artikel.
1. „Vertrau mir einfach.“
Warum das problematisch ist: Wer so Vertrauen einfordert, hat es meist (noch) nicht verdient.
Sag lieber: „Ich zeig dir, wie ich dazu komme…“ oder „Ich erklär dir eben den Gedanken dahinter…“
2. „Mit allem gebotenen Respekt…“
Klingt wie Respekt. Ist aber oft das Gegenteil.
Besser: „Ich sehe das etwas anders…“ oder „Aus meiner Sicht…“
3. „Nichts für ungut, aber…“
Spoiler: Es wird garantiert ungut.
Alternative: „Ich hab da eine andere Sichtweise…“. Spar dir die Vorwarnung, die ist eher ein Brandbeschleuniger.
4. „Ich bin halt ehrlich.“
Ehrlichkeit ist keine Ausrede für Unfreundlichkeit.
Besser: „Ich würde dir hier gerne Feedback geben…“ oder „Aus meiner Perspektive…“
Die Realität draußen: laut, hart, unberechenbar.
Während sich die Büroetage mit psychologischen Formulierungsanleitungen absichert, marschieren draußen täglich junge, aggressive Männer durch europäische Innenstädte, deren Sozialisation mit diesen Gesprächscodes wenig bis nichts zu tun hat. Während man also lernt, wie man Feedback gibt, ohne das Gegenüber versehentlich zu „triggern“, wird übersehen: Das wahre Problem ist nicht verletzte Teamhygiene – sondern verletzte Menschen.
Die doppelte Illusion: weiche Sprache = gutes Miteinander.
Es ist der gleiche Denkfehler wie bei Whataboutism oder Cancel Culture: Man glaubt, durch sprachliche Kontrolle das Verhalten der Welt zu beeinflussen. Aber Kommunikation ist nicht Wahrheit. Und Sprachpflege ersetzt keine Haltung. Wer nur noch in Alternativformulierungen denkt, lernt nicht, für etwas einzustehen, sondern nur, nicht anzuecken.
Was wir wirklich brauchen? Weniger Bullshit-Coaching. Mehr Mut zur Wirklichkeit.
Die nächste Generation führt sich gerade selbst in eine Sackgasse aus „radical empathy“, „Traumasensibilität“ und „gewaltfreier Kommunikation“ – während die Gewalt draußen längst nicht mehr kommuniziert, sondern zuschlägt.
Wer sich heute fühlen will wie ein dissidentischer Rebell, muss keinen Brandsatz werfen. Es reicht, im Teammeeting zu sagen:
„Ich bin anderer Meinung.“
Das allein reicht, um als toxisch zu gelten. Oder – schlimmer noch – als nicht mehr teamkompatibel.
Fazit:
Ich weiß, ich bin ein alter weißer Mann – und wahrscheinlich aus Sicht der selbsternannten Sittenwächter mit kommunikationspädagogischem Oberstudienratshintergrund längst ein toxischer Reliktkörper. Aber ehrlich: Wie kommt man überhaupt auf die Idee, solchen weichgespülten Unsinn als Lösung für die Realität da draußen zu verkaufen?
Ich bin kein Freund von Gewalt, im Gegenteil. Aber wenn ich sehe, was da tagtäglich an Übergriffen von sogenannten „Fachkräften“ passiert, und gleichzeitig solche Artikel erscheinen, frage ich mich ernsthaft: Glaubt der Autor das wirklich? Oder wurde er schon durch 5G-Strahlen, mRNA oder NGOs weichgekocht? Man weiß es nicht. Aber eines ist sicher: Die Sprache wird sanfter – die Welt draußen leider nicht.




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