Flywheel, Showroom 2.0 und der Zirkus der Selbstinszenierung auf LinkedIn
Ich stolpere über ein Posting einer österreischischen Agentur. Hochglanz, Buzzwords, die übliche Selbstfeier – diesmal mit Stargast NXRT. Also denke ich mir: Wer sind diese Bengel eigentlich? Ein Klick später lande ich bei ihrem Video inkl. Buzzword Overflow auf LinkedIn.
Und dann beginnt das Grauen.
Der Autokauf der Zukunft
Ein Skoda-Händler, ein Gen-Z-Pärchen, ein legerer Verkäufer Mitte 40. Statt dass der Kunde ins Auto steigt, die Tür zuschlägt und das Material fühlt, setzt man ihm eine VR-Brille auf. Plötzlich steht da ein Mann, der blindlings unter einem unsichtbaren Auto herumfuchtelt – während außen alle anderen nichts sehen. Ein Bild für die Götter. Der Kunde wird zum Affen gemacht, und die Branche nennt das „Next Level Retail“.
Die Bubble-Logik
Natürlich gibt es Applaus:
– Der NXRT-Chef verkündet feierlich: „Magic is now called Mixed Reality 🌟“
– Ein Sales-Manager frohlockt: „So sieht Automobilvertrieb der Zukunft aus – und das Beste: schon jetzt!“
– Und bei KESCH schwärmt man von „Raumschiff-Enterprise-Vibes“ im Office.
Das Muster ist immer gleich:
- Man inszeniert die eigene Spielerei als „Innovation“.
- Der Kunde wird zum Statisten, zum Clown, zum Versuchskaninchen.
- Die Bubble applaudiert sich selbst – und erklärt jeden Zweifel zur Häresie.
Vom Autohaus zur Manege
Früher war ein Schauraum ein Ort, wo man etwas Reales erlebte: Geruch, Haptik, Klang. Ein heiliger Platz wo du ehrfürchtig vor jedem Auto standest und die Ausdünstungen des neuen Wagen inhaliertest.
Heute ist er eine Manege. Der Kunde spielt den Clown, die Verkäufer die Animateure, und die LinkedIn-Bubble verteilt virtuelle Pokale für „Customer Experience“.
Die Wahrheit ist bitter: Hier wird nicht mehr Auto verkauft, sondern ein Spektakel und das eigentliche Produkt verschwindet hinter der VR-Brille. Das nennt man dann Fortschritt.
Das große Ganze
NXRT, KESCH, Clerici, wie sie alle heißen – das sind keine Einzelfälle, sondern Symptome. Wir leben in einer Welt, in der Substanz durch Show ersetzt wird, Realität durch Simulation, und Echtheit durch Buzzwords.
Und weil die Akteure in dieser Bubble von ihrer eigenen Inszenierung leben, erkennen sie die Absurdität gar nicht mehr. Jeder Widerspruch wird sofort abgetan: „Neid! Motzen! Zukunftsfeindlich!“
Was bleibt, ist ein Zirkus, in dem sich die Selbstinszenierer gegenseitig feiern, während der Kunde zum Versuchskaninchen degradiert wird.
Fazit
Willkommen im Showroom 2.0.
Willkommen in einer Welt, in der die Abrissbirne der Realität längst gegen den Styropor-Bogen der Inszenierung ausgetauscht wurde.
Und wir stehen davor, sehen uns das Spektakel an – und fragen uns:
Wer ist hier eigentlich lost?




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