Erewhon – der Gucci unter den Suppenbars

Ein Tempel, in dem Selleriesaft wie Weihwasser verkauft wird, zum Preis einer Monatsmiete

Manchmal stolpert man auf LinkedIn über Dinge, die man für Satire hält, bis man merkt: es ist ernst gemeint.

So ging’s mir mit einer Anzeige über eine 28,5-Millionen-Dollar-Villa in Bel Air, die gerade den Besitzer wechselte. Verkäufer: die Eigentümer der Bioladenkette Erewhon.

Und plötzlich war ich drin in einer Parallelwelt, von der ich nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt.

Ein Supermarkt als Oligarchie

Erewhon ist kein „Bio-Supermarkt“ – es ist ein Status-Tempel für Wohlstandsverwahrloste. Kendall Jenner, Shawn Mendes, Leonardo DiCaprio, die Hollywood-Elite pilgert dorthin, um 20-Dollar-Smoothies zu schlürfen und sich dabei moralisch überlegen zu fühlen.

Das Geschäftsmodell ist so simpel wie genial:

  • Verkaufe Alltagsprodukte.
  • Versehe sie mit „Achtsamkeit“-Etiketten.
  • Mach daraus eine Religion.
  • Setze den Preis x30.

Und es funktioniert.

Preise aus einer Parallelwelt

Ich habe auf der Website nachgesehen und bin fast vom Stuhl gefallen:

  • Stoff-Einkaufstasche: 52 Dollar (Travel-Version: 138 Dollar 🤯).
  • Hoodie mit Branding: 170 Dollar.
  • Papier-Einkaufsackerl: 30 Dollar.
  • Duftkerze: 56 Dollar.
  • „Sea Moss Gummies“ (WTF)140g: 34 Dollar.
  • Sea Moss Gel (WTF): 88 Dollar.
  • Kombucha (0,2 l Dose!): 30 Dollar.
  • Bohnensuppe im Glas: 50 Dollar.
  • Nudelsuppe im Glas: 50 Dollar.
  • Strand-Handtuch: 100 Dollar.

Und dazu ein Fotoshooting mit einem hageren 18 jährigen Model Ala Kate Moss, das aussieht, als wäre es im letzten Stadium einer Detox-Diät, wie es sich an einen alten 911er lehnt und diese Einkaufstasche hält, als sei sie der Heilige Gral.

Marketing-Alchemie

Früher haben Alchemisten versucht, aus Blei Gold zu machen. Erewhon macht aus Baumwolle Rendite und aus Kombucha Kapital.

Das Erfolgsrezept:

  1. Produkte entkontextualisieren.(Eine Tasche wird nicht mehr nach Nützlichkeit bewertet, sondern nach Aura.)
  2. Lifestyle aufladen.(Wellness, Spiritualität, Reinheit – Hauptsache ungreifbar.)
  3. Preis verdreifachen, bis er absurd ist.(Denn nur das Absurde signalisiert Exklusivität.)
  4. Promis als Messdiener.(Jenner & Co. heiligen die Pilgerstätte, indem sie dort Smoothies kaufen.)

Das Ergebnis: eine Wellness-Oligarchie, die aus simplen Lebensmitteln ein Luxusmonopol macht.

Apple in Alufolie, Erewhon in Baumwolle

Apple verkauft seit Jahren Aluminium in neuen Farben und nennt es Innovation.

Erewhon verkauft Baumwolltaschen, die anderswo 1,50 kosten, für 138 Dollar und nennt es Achtsamkeit.

Beide leben von derselben Mechanik: der Sehnsucht nach Einzigartigkeit, dem Bedürfnis, zu einer Auserwählten-Kaste zu gehören.

Apple hat seine Keynote-Liturgie, Erewhon seine Suppenliturgie.

Beide haben ihre Jünger – und beide haben längst die Religion gegen den Klingelbeutel getauscht.

Fazit

Erewhon ist die ultimative Satire auf unsere Zeit.
Ein Supermarkt, der eigentlich ein Theaterstück ist.
Eine Suppenbar, die Immobilien-Millionäre hervorbringt.
Ein Tempel, in dem Selleriesaft wie Weihwasser verkauft wird, zum Preis einer Monatsmiete.

Die Pointe:

Die Leute machen mit.
Weil es ihnen das Gefühl gibt, Teil einer erleuchteten Elite zu sein.
Früher hat man Wohlstand mit Gold und Palästen zur Schau gestellt.
Heute reicht eine Einkaufstasche aus Baumwolle für 138 Dollar.

Und das Model im Endstadium einer Detox-Diät wird zur Prophetin der neuen Wellness-Religion.

Amen!

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Tom Weber

Tom Weber – Beruf: Störenfried. Diagnose: chronisch allergisch gegen Heuchelei, Doppelmoral und staatlich geprüften Schwachsinn. Schreibt auf dem Strafplaneten über alles, was im offiziellen Irrenhaus als „normal“ gilt – und daher dringend untersucht werden muss

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