Von der Wiege zur Chefetage

Eine Fallstudie moderner Packlerei im Schickimicki-Österreich

Es beginnt wie so oft in der Republik der Vetternwirtschaft: mit einem Namen, einem Hintergrund, einem wohltemperierten Netzwerk.

Was in anderen Ländern als „Interessenskonflikt“ oder gar „Filz“ bezeichnet wird, gilt hierzulande als Karriereweg. Willkommen in der Republik des Schönscheins, wo Herkunft mehr zählt als Kompetenz und der Aufstieg zur Chefin eines Verlags nicht durch Taten, sondern durch Tafelrunden orchestriert wird.

Wir werfen einen Blick auf ein exemplarisches Beispiel jener neuen Elite, die aus wohlversorgten Dynastien stammt und schon mit Mitte zwanzig als „High Potential“ gefeiert wird – selbstredend flankiert von der schmatzenden Applausmaschine auf LinkedIn.


Kapitel 1: Die Herkunft – ein Sprungbrett

Die junge Dame, um die es hier geht, ist nicht irgendwer. Tochter eines Industrie-Patriarchen, der seit Jahrzehnten ein weltweit agierendes Unternehmen für CO₂-Kapseln, Druckgaslösungen und Küchentechnik leitet – ein Familienbetrieb, längst zum Exportchampion gewachsen.

Die Mutter? Ehemalige Strategieberaterin bei einem globalen Thinktank, eng verdrahtet mit Bundeskanzlern, Medienhäusern und Konzernvorständen, einst Kolumnistin, heute Aufsichtsrätin quer durch Europa. Wer Zugang zu Macht sucht, fand bei ihr stets die richtige Nummer im Handy.


Kapitel 2: Der „Werdegang“ – zwischen Pflichtlauf und Placebo

Ein paar Jahre Ausland, ein bisschen Studium (zwei Jahre reichen völlig), ein paar Buzzwords im Profil. Stationen bei Möbel-Startups, Expansionsthemen in Südeuropa – also genau die Art von Marketing-Positionen, bei denen niemand je so genau weiß, was eigentlich getan wurde. Hauptsache: „Strategy“, „Growth“ und „Passion“ stehen dabei.

Zusammenfassend:

– Studium: zwei Jahre Marketing, irgendwo zwischen Mittelmeer und Eliteschule.

– Praktika bei Firmen, bei denen entweder Papa im Beirat sitzt – oder Mama „beratend begleitet“.

– LinkedIn-Profil gespickt mit Buzzwords: „Entrepreneurship“, „Innovation“, „Purpose“.

– Doch wer sich die Stationen ansieht, erkennt: viel Bewegung, wenig Substanz.


Kapitel 3: Die Platzierung – der Ruf aus dem Glashaus

Und dann, wie aus dem Nichts, der Auftritt: „Head of International“ bei einem renommierten Gourmet-Magazin für die oberen Zehntausend. Verkündet nicht etwa durch die Personalie selbst, sondern durch einen graumelierten Kommunikationsstrategen, der schon so manches Gesellschaftskind durch den Applauskanon schob. Die Begründung? „High Potential“.

Die Reaktion? Standing Ovations auf LinkedIn – kommentiert von PR-Veteranen, Tourismusfunktionären und Corporate-Schwätzern, die sich im Glanz der Vererbungsspirale selbst feiern.


Kapitel 4: Das Ökosystem der Selbstinszenierung

Es ist eine Echokammer der Macht und des guten Geschmacks. Medien, Politik und Wirtschaft reichen sich die Hand, die Kinder werden positioniert, der Applaus organisiert.

Die Events, in denen all das kulminiert, tragen Namen wie „See & Lifestyle Summit“ oder „Genussgipfel Deluxe“. Keine Arbeitsnachweise – Kulissenschiebereien mit Scheinwerferlicht.


Kapitel 5: Die Zukunft – alles ist möglich (wenn der Nachname stimmt)

Diese Biografien sind keine Einzelfälle, sondern System. Sie zeigen, wie in einer Demokratie mit Erbschein das Narrativ der Leistungsgesellschaft karikiert wird.

In ein paar Jahren wird man diese junge Dame als Expertin auf Panels setzen, als Speakerin einladen, als Meinungsmacherin hofieren.

Sie wird mit Harvard-Vokabular vom „Impact sektorübergreifender Synergien“ reden.

– Und wenn du dann fragst: „Was genau macht sie eigentlich?“ – dann bist du der Neider, der Verschwörer, der Wutbürger.

Denn: Sie ist doch die Tochter von …

Warum? Weil man es kann.

Und weil kaum jemand den Mut hat, dieses Spiel zu benennen.


Fazit:

Die Republik feiert sich für Diversität, Aufstieg und Chancengleichheit.

Doch in Wahrheit sind es die Vornamen, Nachnamen und Netzwerke, die entscheiden, wer auf der Sonnenseite landet.

Diese „Fallstudie“ ist nicht das Problem.

Sie ist das Symptom.


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Tom Weber

Tom Weber – Beruf: Störenfried. Diagnose: chronisch allergisch gegen Heuchelei, Doppelmoral und staatlich geprüften Schwachsinn. Schreibt auf dem Strafplaneten über alles, was im offiziellen Irrenhaus als „normal“ gilt – und daher dringend untersucht werden muss

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