Nur einer der vielen Komödien wie wir sie schon seit langem kennen.
Wie viele vielleicht mitbekommen haben: Im ersten Prozess gegen René Benko gab’s jetzt das erwartbare Schaufensterurteil. Zwei Jahre unbedingt, ein bisschen Villa-Inventar wird versteigert — genug Drama für die Schlagzeilen, nicht annähernd genug Reue für die Bilanz. Paradebeispiel: Pseudoverurteilung für die Show, echte Verantwortung bleibt aus.
Das hier ist kein Justizakt, das ist ein Ritual: Man braucht ein Sündenbock-Opfer, ein bisschen Theaterblut, und schon erscheint der Staat als moralische Instanz — während das System im Hintergrund weiterkassiert.
Abriss: Warum das eine Schmierenkomödie ist
1. Das Muster ist so alt wie die Freundschaft zwischen Politik und Rendite.
Man zieht einen Emporkömmling ins Rampenlicht, zerrt ein paar peinliche Details auf den Tisch — und der Rest des Netzwerks? Unantastbar. Dasselbe Drehbuch lief schon bei Grasser; dieselbe Melodie hört man bei Flöttl, Elstner & Co.: Medienrummel, ein paar juristische Hüftschüsse, ein symbolisches Bußgeld, danach Luxus-Exil à la Riviera. Die Moral für die Menge: „Gerechtigkeit wurde gesprochen.“ Die Moral für die Insider: „Alles wie immer.“
2. Peanuts als Beweissammlung.
Manchmal reicht ein 300.000-Euro-Geschenk an Mama, um dem Publikum den Glauben an Ordnung zu verkaufen. Milliarden? Fehlanzeige. Strukturbruch? Null. Man nimmt dem Kapitän ein Taschentuch weg, während das Schiff unter den Augen der Banken sinkt. So werden Riesenskandale in mundgerechte Häppchen heruntergekocht — leichter zu verdauen für die Leckerbissen-Berichterstattung.
3. Die wahre Maschine läuft weiter.
Stiftungen, Holding-Gewebe, Offshore-Spielwiesen — das sind die Werkzeuge, mit denen solche Imperien gewebt werden. Sie sind nicht „Fehler“, sie sind Feature. Wer glaubt, man könne die Struktur durch den symbolischen Sturz eines Managers ändern, glaubt auch an Altersvorsorge durch die Zahnfee.
4. Strafe als Theaterrequisite.
Die Auktion von Designermöbeln? Feiner Stoff fürs Boulevard. Das hohe Gericht? Bühne. Die eigentlichen Profiteure — Banken, politische Handlanger, beratende Kanzleien — kassieren weiter. Die Justiz sieht aus wie der innere Hausmeister, der einmal die Krümel vor der Tür zusammenkehrt, damit die Schaufensterfront sauber aussieht, während im Hinterzimmer weitergezockt wird.
5. Der doppelte Maßstab.
Du vergisst einmal, deine Einkommensteuer rechtzeitig zu überweisen, und schon rattert die Mühle los: Mahnung, Strafzuschlag, Kontosperre. Der Gerichtsvollzieher klopft nicht an die Tür, er tritt sie ein. Für ein paar hundert Euro wird dein Konto eingefroren, dein Auto gepfändet, dein Ruf zerschossen.
Oder du parkst dein Auto einmal zu lang im Halteverbot, und der Staat behandelt dich, als hättest du den Bundeshaushalt geplündert. Da gibt’s kein Wellness-Armband, sondern die kalte Kralle der Bürokratie, die dir jeden Cent aus der Tasche zieht.
Und Benko? Der schiebt hunderte Millionen durch Stiftungen, verschenkt mal eben 300.000 Euro an Mama, und das System baut ihm dafür eine Bühne. Statt Scharfrichter gibt’s Pressefotos, statt Vollstreckung ein Schaulaufen in Designeranzug. Zwei Jahre Symbolhaft, und am Ende wartet das Luxus-Exil.
Das ist der Unterschied:
- Der kleine Mann wird für Peanuts sofort verbrannt – ein Funke reicht, und der Staatsapparat löscht dein Leben wie ein Streichholz.
- Die Großen können ganze Städte in die Pleite treiben, und sie landen im Schmierentheater, wo die Strafe nichts weiter ist als ein Requisit, das den Anschein von Gerechtigkeit erzeugt.
6. Botschaft an die anderen Spieler.
Das ist keine Warnung vor Strafe, das ist eine Lektion: Flieg nicht höher, als man dich tragen will. Mehr als Symbolik steckt nicht dahinter. Wer zu frech wird, dem macht man ein Exempel — nicht um Gerechtigkeit wiederherzustellen, sondern um die Hierarchie zu klären.
Wie das System grundsätzlich mit Abweichlern verfährt
Wenn du das System kratzt, wirst du nicht mit Argumenten bekämpft — du wirst verbrannt, aber hübsch inszeniert. Erst kommt die öffentliche Verbrennung (Medien), dann die symbolische Ascheverteilung (Auktionen), und schließlich die Rehabilitierung im milden Exil (Frankreich, Schweiz, Mallorca). Fußfessel? Wellness-Armband. Gerichtstermin? PR-Event. Einmal angreifen, und du bist für die anderen ein mahnendes Geruchsmuster: gefährlich, aber händelbar.
Die Inszenierung ist akkurat: Man nimmt dem Übermütigen ein paar Krümel weg, feedet damit den Apparat (Anwälte, Gutachter, Insolvenzverwalter), und vergisst dann kollektive Empörung. Die Meute kräht laut, dann schläft sie wieder — bis zur nächsten Aufführung.
Kurzbeispiele: Derselbe Film, andere Schauspieler
- Karl-Heinz Grasser: Jahre von Verfahren, Showeffekt, am Ende ein paar symbolische Zahlungen. Die Netzwerke, durch die er lief, blieben größtenteils intakt.
- Wolfgang Flöttl / BAWAG-Affäre: Milliarden versenkt, monatelange Gerichtspossen, Vergleiche — und dann ein ruhiges neues Leben.
- Elstner & Co.: Flucht, Wiederkehr, Fußfessel, Zahlung — und später wieder Ruhe. Immer dieselbe Dramaturgie: Ein Mensch büßt, die Maschine läuft weiter.
Andere Länder haben Netflix-Serien, wir haben Justizpossen mit immer denselben Charakteren.
Der aktuelle Benko-Prozess: Generalprobe im Zeitraffer
Und jetzt Benko: Größte Pleite der österreichischen Nachkriegsgeschichte, 27 Milliarden in der Luft, 1130 Gesellschaften im Crash. Und der Prozess? Auf zwei Tage angesetzt. Erster Verhandlungstag nach zwei Stunden beendet.
Der Verteidiger fabuliert von „bis zur Selbstaufgabe“ und erklärt eine vierjährige Mietvorauszahlung für eine Luxusvilla zum „Wert“ – quasi als Familienschutzprogramm. Benko selbst schweigt, gibt keine Angaben zu Einkommen oder Vermögen, erklärt sich „nicht schuldig“ und wirft der Staatsanwaltschaft Zynismus vor. Das war’s. Vorhang zu.
So wird die Titanic der Signa-Pleite auf eine Badewannenposse heruntergekocht. 27 Milliarden – und die Justiz macht daraus eine Kurzvorstellung im Bezirksheimattheater.
Die Quintessenz (ohne Beschönigung)
René Benko ist kein Einzeltäter, er ist ein Symptom. Der Prozess ist kein Heilmittel, er ist Bühnenrequisite. Wir bekommen ein Spektakel, damit wir glauben, es gäbe eine Moral. In Wahrheit zahlt man ein paar Krümel, das Personal wird versorgt, und die Struktur, die den Reichtum erst möglich machte, bleibt unangetastet.
Wenn du wirklich etwas ändern willst, musst du nicht auf die Schauspieler starren — du musst die Bühne abbauen. Aber dafür ist die Meute zu beschäftigt mit Applaus.
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