Vom Bienenretter zum Service-Zombie

Wie ein sympathisches Nachhaltigkeitsunternehmen zeigt, dass gute Absicht kein Ersatz für funktionierende Abläufe ist.

Ich unterstütze gerne kleine, sinnvolle Unternehmen.

Besonders jene, die mit Überzeugung, Nachhaltigkeit und echtem Idealismus auftreten – also jene, die noch so wirken, als stünden Menschen dahinter und nicht Shareholder. Bedrop war für mich genau so ein Fall: charmant, ökologisch, sinnvoll.

Ein Unternehmen, das mit dem Buzzword „Bienenrettung“ nicht nur wirbt, sondern es irgendwie ehrlich meint. Ich hatte dort schon vor über einem Jahr bestellt – eine Bienengift-Salbe – und war völlig zufrieden. Gute Qualität, sympathische Kommunikation, der Duft von ehrlicher Handarbeit.

Das war damals.

Bevor sich herausstellte, dass hinter der Idylle aus Blütenhonig und Nachhaltigkeitsfloskeln dieselbe Service-Apathie lauert wie überall sonst – nur hübscher verpackt.

Diesmal bestellte ich erneut, überzeugt davon, etwas Gutes zu tun, für die Bienen, für die Umwelt, für die Idee des fairen Handels.

Doch was ich bekam, war kein Paket, sondern eine Lehrstunde in moderner Kundenverblödung im weichgespülten Einhornton.

Die Lieferung? Seit zwei Wochen verschollen, irgendwo im Nirgendwo zwischen Berlin, Nirwana und einer Versender-Abstellkammer.

Die Kommunikation? Ein einziger Disney-Film auf Valium, besetzt mit Support-Mitarbeiterinnen, die alle heißen könnten wie Einhörner auf LSD: „Hallo Thomas, danke für deine Nachricht 💛🐝!“

Die Lage:

Ich weise höflich darauf hin, dass mein Paket seit 14 Tagen im Transit hängt, Inkl. Screenshot der Sendungsverfolgung.

Die Antwort:

„Schaue doch bitte in deine Sendungsverfolgung, dort kannst du dein Paket genau verfolgen!“ – geschrieben, als wäre das die Offenbarung des Jahrtausends.

Ab da wird’s kafkaesk und Super- skurril

Jede Rückfrage wird von neuen Vornamen beantwortet – Jana, Rosa, vermutlich demnächst Gloria Glitzerfee vom Happiness-Team Bedrop.

Alle freundlich, alle empathisch, aber alle absolut nutzlos.

Man bekommt das Gefühl, man redet nicht mit Menschen, sondern mit einem Algorithmus, der auf „toxische Freundlichkeit“ trainiert wurde:

Jede Beschwerde wird mit Herzchen entschärft, jeder berechtigte Hinweis in Watte gepackt – so lange, bis man sich selbst fragt, ob man überhaupt noch existiert oder schon in der Kundenservice-Wohlfühl Matrix gefangen ist.

Während Amazon bei Problemen innerhalb von 30 Sekunden Ersatz schickt oder das Geld zurücküberweist, landet man hier in der Servicehölle des 21. Jahrhunderts:

Keiner fühlt sich zuständig, keiner handelt, aber alle bedanken sich dafür, dass man sie kontaktiert hat. 

Ich wollte also eigentlich Bienen unterstützen, stattdessen finanziere ich jetzt offenbar einen Kommunikationsworkshop für emotional unterforderte Millennials, die glauben, man könne reale Probleme mit Smilies heilen.


Der Verlauf – oder: Wie mein Paket auf spirituelle Reise ging

Tag 1–2: Die Hoffnung summt noch

Am 28. September bestellt. Am 30. September die Versandbestätigung – „Deine Bestellung wurde an Parcel.One übergeben.“ Ich denke mir: wunderbar.

Ein kleines, nachhaltiges Unternehmen, das noch Herz statt Algorithmen hat – da darf’s auch mal ein, zwei Tage länger dauern.

Tag 3–6: Feiertagsstarre im Land der Bürokratie

Dann kam der Tag der Deutschen Einheit und wie jedes Jahr bedeutet das in Deutschland: Land im Ausnahmezustand, Paketboten im Tiefschlaf, und jedes Logistikzentrum verwandelt sich in ein Mausoleum für Sendungen mit guter Absicht.

Ich hab Verständnis. Ein Feiertag ist ein Feiertag.

Aber nach drei, vier Tagen Funkstille beginne ich, das Tracking täglich zu checken.

Ein Ritual, das schnell zur Meditation wird.

Ergebnis: Immer dasselbe. „In Transit“. Tag für Tag.

So konstant, dass ich irgendwann beginne, das als Lebensmotto zu verstehen: 
„In Transit“ – nicht angekommen, aber immerhin unterwegs.

Tag 14: Die Rückkehr der Realität

Heute, am 13. Oktober, zwei Wochen nach der Versandmeldung, ist die Geduld am Ende. Ich schreibe Bedrop. Sachlich, ruhig, höflich. Ich erkläre, dass das Paket seit dem 30. September ohne jede Bewegung ist.

Die Antwort?

„Hallo Thomas 🐝💛

Schaue doch bitte in Deine Sendungsverfolgung, dort kannst Du Dein Paket genau verfolgen!“

Der Satz klang für mich wie wenn du einem Verdurstenden in der Wüste empfiehlst, er soll einfach den Mund aufmachen – „vielleicht regnet’s ja bald“.

Zweiter Akt: Disney auf Valium

Ich schreibe zurück, diesmal etwas bestimmter. Ergebnis: eine neue Mitarbeiterin, gleicher Tonfall, anderes Emoji.

„Leider können wir erst nach 10 Tagen Stillstand eine Nachforschung starten.“

Ich rechne: 30. September → 13. Oktober. Das sind keine 10 Tage Stillstand, das sind 14 Tage Vollkoma. Aber offenbar beginnt die Uhr bei Bedrop erst zu ticken, wenn der Kunde das erste Mal laut wird.

Dritter Akt: Das Einhorn schlägt zurück

Am Nachmittag kommt die nächste Mail, diesmal von „Rosa 💛“.

Ich erfahre, dass sich das Paket „zuletzt am 6. Oktober bewegt“ habe und man könne frühestens am 16. eine Nachforschung starten.

Ich lese das dreimal.

Das Paket hängt seit dem 30. September, hat sich laut deren eigenen Daten am 6. Oktober minimal gezuckt und jetzt darf ich also noch weitere drei Tage Geduld üben, damit man „offiziell“ aktiv werden darf.

Ich beginne schön langsam zu glauben, „In Transit“ bedeutet bei Bedrop: Das Paket wird nicht etwa mit einem Paketdienst verschickt, sondern einem wandernden Bienenzüchter mit Apostelbereifung an den Füßen gehängt, der zunächst einen kleinen Abstecher nach Rumänien macht, um dort persönlich die Zutaten für die bestellten Produkte zu sammeln, und dir bei seiner Rückkehr in drei Wochen statt der Lieferung die letzte Salbung – inklusive Bastonade –verabreicht. 😳

Finale: Die Übergabe an die Bürokratie-Götter

Ich schreibe direkt an Parcel.One.

Antwort:

„Wir dürfen nur auf Anfrage des Absenders tätig werden.“

Das ist nicht Logistik – das ist amtliche Zen-Meditation.

Jeder weiß, dass das Paket verschollen ist, aber niemand darf handeln, weil der heilige Absender noch keinen Antrag gestellt hat. Also schließe ich den Kreis und schreibe an beide – Bedrop und Parcel.One – in Kopie.

Ein sachlicher, klarer Text, der in jeder anderen Galaxie einen Prozess in Gang gesetzt hätte. Hier? Wahrscheinlich landet er im gleichen Datenloch wie mein Paket.


Fazit: „In Transit“ – der Zustand der westlichen Servicegesellschaft

Was früher Kundendienst war, ist heute eine Mischung aus Empathie-Simulation, Herzchenpädagogik und Zuständigkeits-Tetris.

Man hat gelernt, wie man sich entschuldigt – nicht, wie man etwas löst.
Jede Antwort klingt wie ein Yoga-Mantra auf Antidepressiva:
„Danke für Deine Geduld 💛“,
„Wir verstehen Deine Frustration 🐝“,
„Wir leiten das gerne weiter 🌸.“

Aber bewegen? Tut sich nichts.

Während Amazon längst innerhalb von 24 Stunden Ersatz liefert oder kommentarlos rückerstattet, schickt dir der Mittelstand Einhorn-Mails und erklärt dir, warum man gerade nicht darf, was man sollte.

Ich wollte Bienen unterstützen und fand mich wieder in einem Kundendienst-Diorama, in dem alle Verantwortung recycelt wird, bis sie biologisch abbaubar ist.

Willkommen in einer neuen Episode aus der Rubrik Realität am Strafplaneten im Jahr 2025: Paket auf Pilgerreise, Support im Wattekokon, Kunde als Störfaktor. Peng!

Und irgendwo summt im Hintergrund leise das Firmenmotto:

„Nachhaltigkeit bedeutet: Absolut nichts bewegt sich.“

🐝 Epilog: Die Bastonade der Nachhaltigkeit

Vielleicht ist das ja die neue Form von Nachhaltigkeit: Nicht liefern, sondern laufen lassen. Nicht handeln, sondern hoffen. Und wenn der ganze Weg zurückgelegt ist, bleibt nur noch die Bastonade – der symbolische Hieb des Systems, das seine letzten, wundgelaufenen Füße dafür benutzt, den Kunden daran zu erinnern, dass Geduld, Verständnis und Demut heute wichtiger sind als Ergebnisse.

Kurz:

Wer etwas bestellt, bekommt keine Ware mehr – sondern eine Lektion in Erdulden.

Und das, meine Damen und Herren, ist die wahre Kreislaufwirtschaft des 21. Jahrhunderts.

Update vom 15. Oktober 2025: Die digitale Umverpackung

Bedrop hat inzwischen reagiert – allerdings nicht auf das Problem, sondern auf die Optik. Der ursprüngliche Tracking-Link führte direkt zu Parcel.One, wo man den Zustand „In Transit“ seit zwei Wochen in aller Trostlosigkeit betrachten konnte.

Jetzt führt der Link zu einer hauseigenen Bedrop-Verfolgung – mit hübschen Icons, Timeline, Bienen-Design und der freundlichen Botschaft:

„Transport erfolgt bald.“

Man hat also nichts bewegt, außer die Illusion von Bewegung.
Das ist keine Logistik mehr, das ist digitale Hypnose:
Der Kunde scrollt, das Paket ruht, aber alle fühlen sich besser.

Oder, wie es im modernen Marketing heißt: „Wir verbessern die Customer Experience – nicht die Realität.“

Wenn „Kundennähe“ nur ein Icon ist

Man muss Bedrop fast gratulieren.

So liebevoll wie die Website gestaltet ist – Bienen, Nachhaltigkeit, Familien-Start-up, Judith-Williams-Segen – so lehrreich ist ihr Service als Lehrstück moderner Mittelstands-Dekadenz. Da predigt man Werte wie Natürlichkeit, Bienenerhalt, Kundennähe, und Analysezertifikate – aber scheitert an einem einzigen Paket.

Das ist die neue Realität: Hochglanz außen, Leerlauf innen.

Was früher ehrliche Betriebe waren, ist heute ein Bühnenbild aus Buzzwords, Zertifikaten und Auto-Antworten. Hinter der Website voller Herzchen und Bio-Siegel sitzen vermutlich keine Menschen, sondern Zombies im Service-Chat, die Textbausteine verschicken, als wäre Empathie ein Software-Update.

Ob die Damen nun Betül, Jana oder Rosa heißen, spielt keine Rolle – es klingt alles gleich:

💛 „Hab bitte Geduld, dein Paket summt bald los.“

Nur dass es nie losfliegt. Vielleicht ist der ganze Kundendienst längst automatisiert. Vielleicht sind die Mitarbeiter echt, aber geistig längst ersetzt.

Man weiß es nicht.

Das Ergebnis ist dasselbe: Floskeln statt Handlungen, Beschwichtigung statt Lösung. Während früher ein Anruf beim Chef gereicht hätte, um eine Sache zu klären, bist du heute in einem System gefangen, das jeden echten Kontakt hermetisch abriegelt. Die „Inhaber“ – also jene, die auf der Webseite so warmherzig von „meiner Geschichte, meinem Problem und unserer Lösung“ erzählen – sind in Wahrheit längst geistig outgesourct. Die Frontfrau verkauft Geschichten, der Kunde bekommt automatische Antworten, und das Bienchen-Logo summt weiter wie ein Placebo.

Bedrop ist damit kein Sonderfall, sondern ein Symptom unserer Zeit:

Ein Paradebeispiel für eine Generation, die lieber an Marketing-Werten bastelt, statt reale Probleme zu lösen. Die alles digitalisiert – außer Verantwortungsbewusstsein.

🔚 Nachtrag: Der Fisch stinkt vom Kopf zuerst

Wie sagt man so schön? Der Fisch stinkt immer vom Kopf zuerst.

Nach über zwei Wochen Funkstille, einem Paket im Dauerzustand „In Transit“ und zahllosen Beschwichtigungsfloskeln im Disney-Ton, meldete sich nun endlich der Inhaber persönlich.

Allerdings nicht etwa mit einer Lösung – sondern mit einer dreisten Realitätsverweigerung.

Auf meine sachliche Rezension bei Google reagierte er mit den Worten, man finde „unter meinem Namen keine Bestellung“.

Ein bemerkenswerter Satz, wenn man bedenkt, dass der gesamte E-Mail-Verlauf zwischen mir und seinem „Customer Care Team“ das Gegenteil beweist.

Es ist der perfekte Abschluss einer modernen Unternehmensparodie:

Nicht der Fehler wird korrigiert, sondern die Existenz des Kunden wird geleugnet.

Das ist 2025 in Reinform – Kommunikation als Nebelwand, Verantwortung als Illusion.

Man hat hier kein kaputtes System mehr, sondern ein perfekt funktionierendes Vermeidungsmanagement.

Ein Betrieb, der jede Energie in Imagepflege steckt – aber keine mehr in Problemlösung.

Der Algorithmus läuft, die Fassade glänzt, das Paket steht.


🧩 Fazit

Bedrop ist kein Dienstleister.

Bedrop ist ein digital verwahrloster Beschwichtigungs-Optimierungsladen –

eine Schaubühne aus Nachhaltigkeitsfloskeln, Glücks-Emojis und Verantwortungsdiffusion.

Ein Unternehmen, das in Bienenmetaphern spricht, aber wie eine Datenbank agiert:

herzlos, automatisiert, und in Schönheit erstarrt.

Sie retten vielleicht Bienen,

aber sie verlieren Menschen.

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Tom Weber

Tom Weber – Beruf: Störenfried. Diagnose: chronisch allergisch gegen Heuchelei, Doppelmoral und staatlich geprüften Schwachsinn. Schreibt auf dem Strafplaneten über alles, was im offiziellen Irrenhaus als „normal“ gilt – und daher dringend untersucht werden muss

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